Sven-Christian Kindler: Intransparenz bei der Privatisierung von Straßen

  • Veröffentlicht am: 30. September 2020 - 13:21

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Foto: Großholz

Statement von MdB Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion: 

"Minister Scheuer entwickelt sich zunehmend vom Verkehrs- zum Privatisierungsminister. Schon jetzt sind 13 Autobahnabschnitte in Deutschland in privater Hand, weil die CSU seit mehr als 10 Jahren immer wieder teure ÖPP-Projekte vergibt. Allein dieses Jahr hat Andreas Scheuer zwei neue ÖPP-Verträge im Gesamtwert von 4,2 Milliarden Euro unterzeichnet. Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen dazu hält er genau wie die Verträge bis heute unter Verschluss. Diese Intransparenz stinkt zum Himmel. Offenbar hat Minister Scheuer auch kein Interesse am Koalitionsvertrag der Regierung, denn dort hatten sich Union und SPD 2018 darauf verständigt, dass alle Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und die ÖPP-Verträge im Internet veröffentlicht werden.

Öffentlich-Privaten-Partnerschaften sind für den Bund nicht wirtschaftlich und eine besonders teure und intransparente Form die Schuldenbremse zu umgehen. Der Bund kann sich derzeit zu negativen Zinsen verschulden und hat daher deutlich geringere Kapitalkosten als private Akteure. Außerdem muss der Bund im Gegensatz bei einem Privaten sich selbst keine Rendite zahlen. Es macht daher fiskalisch keinen Sinn, dass der Staat in ÖPP-Projekten Privaten ihre höheren Kapitalkosten und für 30 Jahre eine üppige Rendite zahlt. Der Bund kann das kostengünstiger und effizienter. Schon heute schlagen die ÖPP-Projekte des Bundes mit über 800 Millionen Euro Kosten jährlich zu Buche. Und auch die nächsten Jahrzehnte müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Zeche für Scheuers Privatisierungstrick zahlen. Mit immer neuen ÖPP-Projekten kann die Bundesregierung auch bei absehbar sinkenden Straßenbaumitteln noch munter weiter Straßen bauen. Die Schlussrechnung kommt erst in 30 Jahren. Das muss dringend gestoppt werden. ÖPP-Projekte im Straßenbau sollten gesetzlich verboten werden. 

Nach 13 Autobahn-ÖPP-Projekten will Minister Scheuer nächstes Jahr auch die erste Bundesstraße privatisieren. Damit beginnt ein neues Level der Privatisierung öffentlicher Infrastrukturen. Mit der Privatisierung von Bundesstraßen versucht Scheuer ein neues Tor aufzustoßen und die Grenzen der Privatisierungsbremse gezielt auszureizen. Wesentliche Teile der Straßen eines Bundeslandes dürfen nicht privatisiert werden. Da ist das Grundgesetz glasklar. In Thüringen sind schon jetzt 17,5 Prozent der Autobahnen in privater Hand. Wenn Minister Scheuer nun ernst macht und 2021 die erste Bundesstraße im Freistaat privatisiert, dann ist die grundgesetzliche Grenze eindeutig erreicht. Es kann nicht sein, dass Scheuer von den 40.000 Kilometern Bundesstraßen in Deutschland auch nochmal 20 Prozent privatisiert und damit noch mehr Straßen baut als er sich eigentlich leisten kann. Das muss unbedingt verhindert werden. Fiskalisch und klimapolitisch wäre das ein Desaster. Wir werden es nicht zulassen, dass Andreas Scheuer die Privatisierungsbremse des Grundgesetzes umgeht."